Der Aufstieg der extremen Rechten in Europa: Was bedeutet das für den Umweltschutz?

Der Aufstieg der extremen Rechten in Europa: Was bedeutet das für den Umweltschutz?

In den letzten Jahren hat die rechtsextreme politische Bewegung in Europa erhebliche Wahlerfolge erzielt und die politische Landschaft in vielen Ländern grundlegend verändert. Parteien, die einst am Rand des politischen Spektrums standen, sind nun bedeutende Akteure, die nicht nur die Einwanderungs- und Identitätspolitik beeinflussen, sondern zunehmend auch den Umweltschutz. Angetrieben von Nationalismus, Einwanderungsfeindlichkeit, Euroskeptizismus und einer Ablehnung der Globalisierung, haben diese Parteien begonnen, die Klima- und Umweltpolitik zu beeinflussen – mit oft komplexen und widersprüchlichen Ergebnissen.

Während einige rechtsextreme Parteien vehemente Skeptiker des Klimawandels sind, haben andere den Öko-Nationalismus übernommen – eine Mischung aus Umweltschutz mit nationalistischer und fremdenfeindlicher Rhetorik. Diese neue ideologische Grundlage ermöglicht es ihnen, Umweltbewusstsein vorzutäuschen, während sie gleichzeitig eine Anti-Immigrations- und Anti-Globalisierungsagenda vorantreiben. Der Aufstieg rechtsextremer Parteien wirft daher tiefgreifende Fragen zur Zukunft des Umweltschutzes in Europa auf, von Deutschland bis Frankreich, Skandinavien und darüber hinaus. Dieser Wandel stellt nicht nur nationale Umweltpolitiken vor Herausforderungen, sondern gefährdet auch Europas Führungsrolle im globalen Kampf gegen den Klimawandel.

Erfolg der Rechten in Deutschland: Der Fall Thüringen und Sachsen

Die jüngsten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben den wachsenden Einfluss der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) in Deutschland verdeutlicht. In beiden Bundesländern erhielt die AfD über 30 % der Stimmen und etablierte sich als bedeutende politische Kraft, insbesondere in wirtschaftlich benachteiligten Regionen Ostdeutschlands, wo die Wähler mit den politischen Maßnahmen der Bundesregierung unzufrieden sind.

Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen 2024 © Süddeutsche Zeitung, 3. September 2024

Deutschland war historisch ein globaler Vorreiter in der Umweltpolitik, insbesondere durch die Energiewende, ein langfristiges Projekt, das auf den Übergang von Atom- und fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien abzielt. Der Aufstieg der AfD signalisiert jedoch eine potenzielle Abkehr von Deutschlands progressiver Klimaagenda. Die Partei lehnt viele der Umweltpolitiken des Landes ab, kritisiert sie als elitär und behauptet, sie würden die deutsche Industrie und einkommensschwache Bürger unverhältnismäßig belasten. Die AfD steht dem Europäischen Grünen Deal, der die EU bis 2050 klimaneutral machen soll, besonders feindselig gegenüber und argumentiert, dass dies zu Arbeitsplatzverlusten und wirtschaftlicher Instabilität führen würde, insbesondere in kohleabhängigen Regionen wie Sachsen.

Zudem stellt die AfD Umweltpolitiken als Werkzeuge der Globalisierung dar, die ihrer Meinung nach die nationale Souveränität untergraben. Die Partei nutzt diese Erzählung, um gegen internationale Klimavereinbarungen wie das Pariser Abkommen zu argumentieren und sie als Bedrohungen nationaler Interessen darzustellen. Diese Rhetorik hat sich in Ostdeutschland, wo wirtschaftliche Not und Arbeitslosigkeit hoch sind, als besonders wirkungsvoll erwiesen. Wähler in diesen Regionen haben auf die Kritik der AfD an der Berliner Klimapolitik reagiert, die sie als realitätsfern und ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse ignorierend empfinden.

Der Aufstieg der AfD in diesen Regionen spiegelt eine breitere Ablehnung der Klimapolitik der Bundesregierung wider, die langfristige Auswirkungen auf Deutschlands Fähigkeit haben könnte, seine ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Sollte der Einfluss der AfD weiter zunehmen, insbesondere auf nationaler Ebene, könnte Deutschlands Rolle als Führungsnation in der europäischen Klimapolitik geschwächt werden, was den Fortschritt bei zentralen Initiativen wie dem Europäischen Grünen Deal gefährden könnte.

Öko-Nationalismus: Naturschutz und Einwanderungsfeindlichkeit

Ein wachsender Trend innerhalb des rechtsextremen Umweltdiskurses ist der Aufstieg des Öko-Nationalismus. Diese Ideologie verbindet traditionelle Umweltanliegen mit nationalistischen und einwanderungsfeindlichen Rhetoriken. Öko-Nationalisten argumentieren, dass Einwanderung den Druck auf nationale Ressourcen wie Wasser, Land und Infrastruktur erhöhe, was wiederum zur Umweltzerstörung beitrage. Indem sie den Umweltschutz mit Fremdenfeindlichkeit verknüpfen, versuchen rechtsextreme Parteien, Wähler anzusprechen, denen ökologische Anliegen wichtig sind, die aber auch skeptisch gegenüber Einwanderung und Multikulturalismus stehen.

Der Öko-Nationalismus ist besonders in Deutschland und Frankreich zu beobachten. In Deutschland nutzt die AfD öko-nationalistische Rhetorik, um ländliche Wähler anzusprechen, und betont die Notwendigkeit, deutsche Wälder, Ackerflächen und die Tierwelt vor Übernutzung zu schützen. Die Partei argumentiert, dass Einwanderung zu Überbevölkerung führt, was zu Zersiedelung und einem untragbaren Druck auf die natürlichen Ressourcen führe. In ländlichen Gebieten, in denen die Bedenken über Einwanderung und Umweltzerstörung aufeinandertreffen, hat diese Botschaft erhebliche Resonanz gefunden.

In Frankreich hat auch das Rassemblement National unter der Führung von Marine Le Pen öko-nationalistische Themen aufgegriffen. Le Pen hat argumentiert, dass der Umweltschutz auf nationaler Ebene beginnen sollte, mit Maßnahmen, die den Erhalt der französischen Landschaften, der Artenvielfalt und der Ressourcen in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig stellt sie die Einwanderung als direkte Bedrohung dieser Umweltprioritäten dar und behauptet, das Bevölkerungswachstum durch Migranten belaste die natürlichen Ressourcen Frankreichs – insbesondere Land und Wasser – in untragbarem Maße. Indem das Rassemblement National Einwanderung mit ökologischen Belastungen verknüpft, setzt es auf selektiven Umweltschutz, um Wähler anzusprechen, die sowohl ökologische Anliegen als auch nationalistische Politik unterstützen.

Diese Form des Öko-Nationalismus ermöglicht es rechtsextremen Parteien, sich als Verteidiger der „nationalen Natur“ darzustellen, während sie gleichzeitig fremdenfeindliche Politik vorantreiben. Dabei ist sie jedoch selektiv und konzentriert sich auf den Schutz ländlicher Landschaften und lokaler Ökosysteme, während globale Umweltprobleme wie der Klimawandel weitgehend ignoriert werden. Der rechtsextreme Öko-Nationalismus zielt eher darauf ab, nationale Ressourcen für die einheimische Bevölkerung zu schützen, als globale Umweltprobleme in einer vernetzten Welt anzugehen.

Skandinavische rechtsextreme Bewegungen: Umweltbewusstsein und Nationalismus im Gleichgewicht

In skandinavischen Ländern verfolgen rechtsextreme Parteien einen etwas anderen Ansatz im Hinblick auf den Umweltschutz. Länder wie Schweden, Finnland und Dänemark haben starke Umweltschutztraditionen, was eine offene Leugnung des Klimawandels für rechtsextreme Parteien politisch weniger tragfähig macht. Stattdessen versuchen skandinavische rechtsextreme Bewegungen, Umweltschutz mit Nationalismus in Einklang zu bringen, indem sie den Umweltschutz in ihre breiteren nationalistischen Agenden integrieren.

Die Sverigedemokraterna (Schwedendemokraten) sind ein Beispiel für diesen Balanceakt. Während die Partei internationale Klimaabkommen wie das Pariser Abkommen ablehnt und argumentiert, dass Schweden nationale Lösungen priorisieren sollte, hat sie auch Aspekte des Umweltschutzes übernommen. Die Schwedendemokraten setzen sich für den Schutz der schwedischen Wälder, der Tierwelt und der ländlichen Landschaften ein und positionieren sich als Verteidiger des schwedischen Naturerbes. Allerdings führen sie Umweltzerstörung teilweise auf Einwanderung und Urbanisierung zurück und präsentieren sich als Beschützer der schwedischen Natur gegenüber den Belastungen durch Globalisierung und Migration.

Ähnlich hat in Finnland die Perussuomalaiset (Partei der Wahren Finnen) öko-nationalistische Rhetorik übernommen und argumentiert für den Schutz der natürlichen Ressourcen Finnlands, während sie sich gegen EU-Umweltvorschriften stellt. Die Partei behauptet, dass internationale Klimapolitiken insbesondere die ländlichen Gemeinden und Industrien Finnlands, insbesondere jene, die von der Forstwirtschaft und traditioneller Landnutzung abhängig sind, unfair belasten. Die Wahren Finnen argumentieren, dass Finnland sich auf den Schutz seiner eigenen Umwelt konzentrieren sollte, anstatt sich an globalen Klimainitiativen zu beteiligen. Dieser Ansatz verbindet Umweltschutz mit einer nationalistischen Agenda, die Finnlands wirtschaftliche und kulturelle Unabhängigkeit priorisiert.

In Dänemark hat die Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) eine ähnliche Haltung eingenommen. Sie plädiert für den Schutz der dänischen Landschaften und landwirtschaftlichen Traditionen und lehnt EU-Klimapolitiken ab, die ihrer Meinung nach die nationale Souveränität untergraben. Diese skandinavischen rechtsextremen Parteien versuchen, Umweltschutz mit Nationalismus zu versöhnen, aber ihre Konzentration auf nationale Lösungen hindert sie oft daran, die globale Dimension der Klimakrise vollständig zu berücksichtigen.

Rechtsextremer Widerstand gegen Klimapolitik

Eines der charakteristischen Merkmale rechtsextremer Parteien in Europa ist ihr Widerstand gegen internationale Klimaabkommen und Umweltvorschriften, insbesondere jene, die von der EU festgelegt werden. Sie argumentieren, dass diese Abkommen die nationale Souveränität untergraben und eine unangemessene wirtschaftliche Belastung für die heimische Industrie und die Arbeitnehmer darstellen.

In Polen hat sich die Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS; Recht und Gerechtigkeit) als eine der lautstärksten Gegnerinnen der EU-Klimainitiativen hervorgetan. Polens Abhängigkeit von Kohle macht das Land besonders anfällig für die Bemühungen der EU, fossile Brennstoffe schrittweise abzubauen. PiS hat konsequent gegen die EU-Klimaziele opponiert und argumentiert, dass diese kohleabhängige Regionen ungerecht treffen und Arbeitsplätze bedrohen. Der Fokus der Partei auf Energiesicherheit und wirtschaftliche Stabilität hat dazu geführt, dass sie sich vielen der ehrgeizigsten Klimavorschläge der EU widersetzt.

In Italien hat Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) eine ähnliche Skepsis gegenüber dem Europäischen Grünen Deal geäußert. Meloni argumentiert, dass die Klimapolitik der EU eine übermäßige finanzielle Belastung für die italienische Industrie darstellt, insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft und Fertigungsindustrie. Sie stellt den Europäischen Grünen Deal zudem als ein elitäres Projekt dar, das wohlhabendere, industrialisierte Länder begünstigt, während südeuropäische Länder wie Italien benachteiligt werden.

Rechtsextreme Parteien in ganz Europa setzen oft kurzfristige wirtschaftliche Gewinne über langfristige ökologische Nachhaltigkeit. Sie argumentieren, dass Klimapolitiken wie Kohlenstoffsteuern, Mandate für erneuerbare Energien und Emissionsreduktionsziele die Arbeiterklasse unverhältnismäßig stark belasten, indem sie die Energiekosten erhöhen und Arbeitsplätze in traditionellen Industrien bedrohen. Indem sie sich als Verteidiger der nationalen Wirtschaft präsentieren, konnten rechtsextreme Parteien Wahlerfolge erzielen, insbesondere in Regionen, die von Industrien abhängig sind, die durch Umweltregulierungen gefährdet sind, wie zum Beispiel der Kohlebergbau und die Fertigungsindustrie.

Untergrabung der internationalen Umweltzusammenarbeit

Eines der größten Risiken, die der Aufstieg rechtsextremer Parteien in Europa mit sich bringt, ist ihre potenzielle Fähigkeit, die internationale Umweltzusammenarbeit zu untergraben. Die Europäische Union war lange eine Vorreiterin bei globalen Klimaschutzbemühungen, spielte eine Schlüsselrolle im Pariser Abkommen und setzte ehrgeizige Klimaziele für ihre Mitgliedsstaaten durch. Doch mit zunehmendem Einfluss rechtsextremer Parteien auf nationaler und europäischer Ebene droht die Einheit zu zerbrechen, die notwendig ist, um diese Ziele zu erreichen.

Rechtsextreme Parteien sind typischerweise euroskeptisch und lehnen von der EU initiierte Klimapolitiken ab. Sie stellen internationale Abkommen als fremde Zwänge dar, die die nationale Souveränität verletzen und ihre Volkswirtschaften unverhältnismäßig belasten. Die ungarische Partei Fidesz unter der Führung von Viktor Orbán hat sich wiederholt mit der EU über Umweltpolitik gestritten und argumentiert, die Klimaziele des Blocks seien zu ehrgeizig und würden ärmere osteuropäische Nationen übermäßig belasten.

Mit dem wachsenden Einfluss von Parteien wie der AfD in Deutschland, der PiS in Polen und Fidesz in Ungarn wird es für die EU zunehmend schwieriger, als einheitliche Kraft in der Klimapolitik zu agieren. Der Widerstand rechtsextremer Parteien gegen EU-Klimainitiativen könnte den Fortschritt bei wichtigen Projekten wie dem Europäischen Grünen Deal, der die EU bis 2050 klimaneutral machen soll, verzögern oder blockieren.

Darüber hinaus schließen sich rechtsextreme Parteien oft mit populistischen, klimaskeptischen Führern außerhalb Europas zusammen, wie Donald Trump in den USA oder Jair Bolsonaro in Brasilien. Diese Allianzen schwächen die Führungsrolle Europas im globalen Klimaschutz und gefährden die multilaterale Zusammenarbeit in Umweltfragen.

Eine Bedrohung für den Umweltfortschritt?

Der Aufstieg rechtsextremer Bewegungen in Europa stellt eine erhebliche Bedrohung für den Umweltfortschritt und die Klimaschutzmaßnahmen dar. Während einige rechtsextreme Parteien, insbesondere in Skandinavien, Aspekte des Öko-Nationalismus und des Umweltschutzes übernommen haben, untergraben ihr Fokus auf Nationalismus, Anti-Einwanderungspolitik und die Ablehnung internationaler Zusammenarbeit ein ernsthaftes Engagement zur Bewältigung der globalen Klimakrise.

Die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien, wie sie in den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sowie in Ländern wie Frankreich, Ungarn und Polen zu beobachten waren, könnten zu einem Rückschritt bei progressiven Umweltpolitiken in wichtigen europäischen Staaten führen. Ihre Ablehnung des Europäischen Grünen Deals, ihr Misstrauen gegenüber internationalen Klimavereinbarungen und die Priorisierung nationaler Wirtschaftsinteressen über globale Umweltziele drohen, den Fortschritt bei zentralen Klimafragen zu verlangsamen oder gar rückgängig zu machen.

Darüber hinaus könnte der Aufstieg rechtsextremer Parteien auf nationaler und europäischer Ebene die Fähigkeit der EU schwächen, als einheitliche Kraft in der Klimapolitik zu agieren. Ohne starke internationale Zusammenarbeit und politischen Willen könnte Europas Führungsrolle im globalen Klimaschutz geschwächt werden, was die Bemühungen zur Bekämpfung der Klimakrise zu einer Zeit untergraben würde, in der mutiges Handeln dringend erforderlich ist.

Letztlich wird Europas Fähigkeit, seine Klimaziele zu erreichen, davon abhängen, ob es gelingt, den Einfluss rechtsextremer Bewegungen einzudämmen und die zugrunde liegenden sozialen und wirtschaftlichen Missstände anzugehen, die ihren Aufstieg begünstigen. Wenn diese Herausforderungen nicht bewältigt werden, droht Europa, seinen Status als globaler Vorreiter im Umweltschutz zu verlieren – gerade zu einer Zeit, in der die Welt vor beispiellosen klimatischen Herausforderungen steht.

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